Samstag, Februar 26, 2005

Polarisierung gegen Dialektik

Mal vorsichtig in den Raum geworfen: ich meine zu beobachten, dass es einen Unterschied im Denken zwischen Amerikanern und Europäern gibt.
Vielleicht mach ich den Fehler, von amerikanischen Politikern auf den Rest der Bevölkerung Rückschlüsse zu ziehen- das täte mir Leid.
Ich finde, dass Amerikaner viel öfter Polarisieren. Also schwarz-weiß malen, starke Entscheidungen über gut und böse, richtig und falsch,treffen. Das ist zum einen noch das kalte Kriegs denken, zum anderen aber sicher auch durch Einrichtungen wie das Zwei-Parteien-Wahlsystem begünstigt.
Europäer wägen öfter ab, sie stehen in der Tradition der Dialektik.
Das führt natürlich zum einen zu einen differenzierteren Bild aber das hat nicht nur Vorteile. Zum Beispiel ist man viel untenschlossener und will sich oft nicht festlegen; man glaubt nicht an ein entweder-oder, sondern sucht noch eine dritte Möglichkeit.

Donnerstag, Februar 24, 2005

Interview mit Justin Taylor

Ich fand ein Interview mit Justin Taylor, Autor des Buches Reclaiming the center, einer Aufsatzsammlung, die postkonservative Denkweise kritisiert. Man möchte meinen: wieder sohn reaktionärer Kram. Weiß nicht. Kann und will noch nicht so viel dazu sagen (ich müsste das vielleicht nochmal anhören). Ich fand einige Sachen erfrischend vorsichtig ausgedrückt, man könnte sogar teilweise von "differenziert" reden - wobei mir scheint, dass amerikanische Fundamentalisten (und amerikanische Präsidenten) die Kunst der Dialektik nicht so beherrschen. Sie kritisieren lieber als zu erörtern. Letztenendes scheint es mir auch mit dem Buch auf so etwas hinauszulaufen- wobei Taylor dankenswerterweise auf Polemik verzichtet. Besonders enttäuschend fand ich die mangelnde Selbstreflexion. Muss man sich nicht mal Gedanken machen, was in der eigenen Bewegung falsch gelaufen ist (außer dass man nicht toll genug gepredigt hat).
Naja die alte Geschichte von der Idylle hier drin und dem Bösen da draußen.
Oder der mit dem Brett vorm Kopf und dem Splitter im Auge.
Aber irgendwie liegt es ja auch in der Natur der Sache, dass Konservative (konservare heißt bewahren) etwas gegen Post-konservative haben.

Mittwoch, Februar 23, 2005

"Danke Bush!"

sangen schon einst Blumentopf.
Ich hab mir heute3 sogar zT die Übertragung der Reden zum Staatsbesuch angeguckt.
Ist ganz interessant, dass Schröder betont hat, dass beide über DIE ZIELE bei den Verhandlungen im Iran einig sind. Aha über die Ziele... nicht etwa die Mittel und Wege.
Ganz sympatisch fand ich dann noch Schröder mit seiner Tischrede:
"Also erhebe ich mein Glas auf die Deutsch Amerikanische Freundschaft. Wenn ich eins hätte.... Steht eben so im Text..."

Wenn wir gerade dabei sind: hier die lustigsten Bush Versprecher.
Am Besten gefällt mir:

"Unsere Feinde sind erfindungsreich und gut ausgerüstet - wir sind das auch.
Sie hören nie auf sich neue Wege zu überlegen, um unserem Land und unserem Volk zu schaden - und wir auch nicht"

Donnerstag, Februar 17, 2005

Stille Zeit Blog

Meine Kleingruppe wünscht sich das Thema: Spiritualität im Alltag, weil wir alle da noch viel zu lernen haben. Da kam mir vor kurzem ne Idee: da wir alle nicht sehr diszipliniert sind und Stille Zeit (whatever that means!) allein nicht so gut hinkriegen, könnte man ja einen Stille Zeit Blog anfangen: man schreibt Sachen, die man im Alltag erlebt hat, Ideen, die einen kamen, Fragen, die man hat. Selbst wenn man's nicht schafft, kann man von den anderen profitieren.
Eine Frage, die ich hab: gibt es Möglichkeiten einen Blog so einzurichten, das mehrere Leute posten können? Natürlich könnte man Account Daten weitergeben, aber das ist natürlich nicht das optimale, weil dann alle gleich heißen.

Mittwoch, Februar 16, 2005

Jim Wallis Interview und die Frage der Poltik

Jim Wallis, Herausgeber des Sojoners Magazin, die letztes Jahr eine Kampagne veranstalteten: "God is not a Republican... nor a Democrat", gibt ein relativ lustiges Interview bei John Steward.
Ich hoffe der Link funktioniert....zuerst kommt noch Werbung bei dem Clip.
In dem Interview sagt er einiges zu seinem neuen Buch "God's Politics : Why the Right Gets It Wrong and the Left Doesn't Get It" und stellt einige Gedanke daraus vor.
Für mich ist das Thema soziale Gerechtigkeit eh schon länger ein Thema.

Wobei ich gestern einen Artikel über Transformationalismus bei Wikipedia gefunden habe.
Zur Zeit sehe ich 3 oder 4 Einstellungen zum Thema Glauben und Politik in Amerika (und damit auch in Deutschland):

Seperationismus: man hat eine pessimistische Sicht der Zukunft und Endzeit (durch einige Aussagen im 2. Thessalonicher, wo vom Scheitern der Gemeinde die Rede ist) und ist deshalb zurückgezogen aus der Politik. Zum Teil wird sogar argumentiert, Demokratie sei antichristlich.

Revivalism: Christen brauchen sich in erster Linie nicht um Politik zu kümmern, sondern durch Erweckungen werden Menschen in großen Mengen verändert. Das wird das moralische Klima eines ganzen Landes ändern.

Aktivismus: Sowohl Mission als auch Diakonie sind wichtig. Aber man soll sich bitteschön auf die Erscheinungsformen von Armut begrenzen und nicht die Ursachen bekämpfen.

Transformationalismus: Zum-Glauben-Kommen verändert alle Lebensbereiche: man wird ein ausgeglichener, emotional stabilerer, gesünderer, verantwortungsvollerer Bürger. Dies beeinflusst wieder die Gesellschaft. Aber es müssen auch von oben Veränderungen geschehen. Deshalb müssen Christen Macht erringen und wiedergöttliche Praktiken eingegrenzt und ausgerottet werden. Diese sind bei Transformationalismus linker Prägung vor allem: Unterdürckung der Armen, ungerechte Kriege und Umweltverschmutzung.
Der Transformationalismus rechter Prägung sieht vor allem die Sexualmoral als Richtschnur. Wobei bei den Transformation Videos auch gerne wirtschaftlicher Erfolg, kirchliche Einheit und der Rückgang von Verbrechen beschrieben werden.
Extreme Zweige des evangelikalen Transformationalismus wären: Spiritual Warfare, Prosperity Gospel, the religious right. Es gibt sogar einige Initiativen, die von der Einführung des moralischen Teils des mosaischen Gesetzes sprechen! (man streitet sich noch, ob als Exekutionsmethode nur Steinigen in Frage kommt...) .
In der "Kingdom Now" Theologie hat man eine gänzlich positive Sicht der Endzeit und spricht davon, dass die gläubigen Christen mehr Autorität haben als Gott und das es ihre Aufgabe ist, die ganze Welt einzunehmen. Vorher kann Jesus nicht wiederkommen. Parallelen zu derzeitigen weltpolitischen persönlichkeiten kann man sich denken.

Jetzt natürlich die Frage:
Wie engagiert darf man als Christ sein? Wie engagiert muss man sein? Welches sind nun die wichtigen Themen: soziale Gerechtigkeit und Umweltschutzt oder Familiengesetze und Moral?
Welchen Einfluss hat die Sicht über die Zukunft ?
Dürfen Christen mit Macht umgehen? Führt das nicht zu mittelalterlichen Zuständen? Wie sieht das aus mit der Trennung von Kirche und Staat? Wie gefährlich ist die religiöse Rechte und wieviel Einfluss hat sie auf die Weltpolitik? Auf die Frage nach Israel? Verstärkt ein moralisches Engagement in der Gesellschaft richtende Tendenzen in den Gemeinden? (Beispiel wäre ein Rundbrief, der durch unsere Gemeinde ging, wo jemand aufrief, gegen ein neuentstandenes Bordell anzubeten) Darf man sich als Christ für Umweltschutz engagieren, wenn doch eh keine Hoffnung für die Erde besteht?

Bekentnisse von Rob Schäfer

Rob Schäfer, Herausgeber des reformierten dennoch kulturell-liberalen Antithesis Magazins (man denke an Mark Driscoll) und von Discerning Reader, einem christlichen Buchversand (sehr cool um ne schnelle Übersicht über die zum Teil doch sehr interessanten Bücher, die gerade aus Amerika kommen zu kriegen), spricht in einem Kommentar über die Depressionen, Wut und der Unfähigkeit zu lieben bei ihm und der Heiligungs-fixierten Christenheit:
"we are judgmental, moralistic and almost completely lacking in the grace and love that mark God's character"
Er spricht auch besonders seine oft zynischen Kommentare zu Büchern an, die einen anderen Standpunkt vertreten- was mir selber negativ auffiel.
Sehr cool, diese Offenheit.

Sonntag, Februar 13, 2005

Die Jungen Kreativen

Mike hat einen interessanten Artikel auf seinem Blog verlinkt.
Es geht um die neue kreative Klasse, die einen immer größeren Teil unserer Gesellschaft ausmacht. Da kam wieder ein Gedanke auf, den ich auf der Hinfahrt nach Basel schon hatte:
Möglicherweise ist die Emerging Church nicht unbedingt (ausschließlich) Kirche in der Postmoderne sondern (auch vor allem) Kirche in diesem neuen Kreativen Umfeld.
Denn ich denke man kann, wenn man sich die Theorien zur Postmoderne anguckt, auch zu ganz anderen Schlüssen kommen als Alternative Woship, bottom-up Strukturen, Storytelling etc.
Ich denke dass sich so Emerging Church am besten verstehen und vermitteln lässt: als Kirche für Kreative. Dann ist es verständlich, warum man einige Strukturen und Hierachien als einengend empfindet. Dann ist es auch verständlich, warum man die Mars Hill Church nicht so gern als Emerging Church versteht: weil sie zwar kulturell relevant und postmodern ist aber eben nicht speziell für eine kreative Zielgruppe.
Korrigiert mich; ich kann mich irren. Ich denke, dass ist auch gut, um den Platz der EC richtig zu bestimmen: die EC deckt eine immer größer werdende Gruppe in der Gesellschaft ab. Dennoch gibt es Leute, die postmodern und nicht kreativ sind und es wird immer noch Platz und Berechtigung für andere Formen geben. Ich kam darauf, als ich mit unserem Jugendreferent über die Emergence Theorie geredet habe. Er meint, dass es sinnvoll ist solche Freiräume zu schaffen um Kreativität hervorzubringen.

laterales Denken

Hab ne ganz interessante Sache gefunden: hier.
Das sogenannte laterale Denken. Ich glaub, dass ich aus was für Gründen auch immer, schon längere Zeit ohne es zu wissen ein lateraler Denker bin. (das heißt ich denke viel mehr auf diese Weise als auf die konventionelle, lineare, logische Art und Weise).
Kennzeichen für laterales Denken ist die Sprunghaftigkeit, die Innovation und Kreativität, die wichtiger sind als 100%ige Korrektheit. Ich denke viel an ohne zu Ende zu denken.
Das merke ich auch stark in der Schule: in Deutsch beispielsweise finde ich regelmäßig in Aufsätzen völlig neue Ansätze, was auf Kosten des Zusammenhangs geht. Es heißt dann oft: Gute Gedanken aber zu sprunghaft.
Wobei ich mich schon immer mehr dazu zwinge, für meine Begriffe überkorrekt zu sein.
Naja anyways man liegt sicher nicht falsch darin, zu behaupten, dass dieses laterale Denken Grundlage jeder Kreativität ist.

Dienstag, Februar 08, 2005

Babel

Ohne danach zu suchen, kam mir vor einer Woche oder so, ein Bild für den Shift von der Moderne zur Postmoderne. Ist nur ne Überlegung, könnt ja mal gucken wie brauchbar das ist:
die Moderne ist wie der Turmbau zu Babel:
-es gab eine gemeinsame Vision- das Konstruieren z.B. Nationalismus, wo der eigene Staat herausgestellt wurde, Rationalismus, wo der Verstand herausgestellt wurde.
-eine Grundempfindung war Stolz und Übermut (Gegenüber der Religion und primitiven Völkern)

die Postmoderne ist wie der Zustand nach der Sprachverwirrung und dem "Baustopp"
- die Fragmentierung der Gesellschaft: die große Gemeinsamkeit, der Turm, ist weggefallen, jetzt gibt es viele kleine Gruppen
- Grundempfindung ist Verwirrung: ohne gemeinsame Ausrichtung ist alles viel chaotischer
- das Aneinandervorbeireden: die vielen kleinen (Sub-)Kulturen verstehen sich untereinander nicht. Trotzdem sucht man Kontakt und Gemeinschaft.

Weiß nicht. Vielleicht ist das ein brauchbares biblisches Bild....

Emerging Church/ Basel

So das war es: das EC Seminar in Basel.
Sehr sehr beeindruckend war ich vor allem von Andrew und Reinhold.
Marlin hat richtig viel von dem Seminar zusammengefasst.(dankeschön!)
Hier der Überblick. Auch Daniel und Mark und Josha haben was gepostet.
Ganz besonders nützlich sind die Powerpoint Folien, die Mike beim Seminar benutzt hat.
Mich hat noch am 2. Tag die Theorien zur New Media sehr angesprochen. In Ergänzung zu dem, was Marlin schon darüber geschrieben hat, hier noch einige Sachen aus dem Mitschrieb, der bei mir insgesamt 14 handschriftliche Seiten lang war:
in der New Media Kultur ist der Code wichtiger als das Construct. Also eine Bibellese ist besser als eine fertige, glattpolierte Predigt. Ein Blog besser als ein fertiges Buch.
Collaboration ist wichtiger als Competition: man arbeitet lieber zusammen an etwas (co-creation) als gegeneinander.
Constraint: weil so viele Informationen da sind, muss aussortiert und gefiltert werden.
Man bezahlt nicht mehr um an noch mehr Informationen heranzukommen sondern um Möglichkeiten zu kriegen, überflüssige Informationen auszufiltern (Spam-filter).
Deshalb ist beim Fernsehgucken auch zappen aka. channel hopping so verbreitet: man will nicht passiv werden sondern versucht durch Kanalwechsel Manipulation zu unterbinden.
Deshalb ist ist es cooler weniger zu sagen und stattdessen Zugriff auf mehr zu geben.

Ich selber hab wieder mitgekriegt, dass es dran ist, viel zu lernen und zuzuhören anstatt zu beurteilen. Ich möchte, wenn Gott mir die Gelegenheit gibt, gerne Sachen ausprobieren. Aber das andere was ich persönlich mitgenommen habe, war dass was Andrew zuletzt geagt hat: es ist nicht dran einfach mal zwanghaft jetzt alles gelernte umzusetzen und meinem Umfeld etwas aufzuzwängen, was gar nicht zu ihnen passt. Stattdessen möchte ich gucken was Gott tut, in welche Richtung er lenkt und mich da dran hängen und die Emerging Church Gedanken dort einbringen, wo sie passen. Wobei das natürlich auch beeinhaltet, dass wenn Gott es so führt, Leute zum Umdenken herausgefordert werden sollen. In die Richtung wird ja wohl der Vortrag im April gehen, der mir angetragen wurde (die Initiative ging ja nicht von mir aus sondern von dem Jugendreferenten, der hören wollte, was ich da zu sagen habe) .