Mittwoch, November 17, 2004

Forumbeitrag: christlicher Lebensstil?

Im Forum meiner Jugendgruppe kam die Frage auf: gibt es einen christlichen Lebensstil und kann man den aus der Bibel heraus ablesen. Hier mal meine Antwort auf 2 lange Posts von verschiedenen Leuten:

" Ok zum eigentlichen Thema: chrstl. Lebensstil, im Sinne von "chrstl. Auftreten".
Ich denke, man muss sich bewusst machen, dass es hier nicht um Individuen geht, die aus der Einheit ausscheren, weil sie sich nciht anpassen wollen, sondern um verschiedene Kulturen. Es gibt halt verschiedenste kleine Gruppen, Szenen, Cliquen. Innerhalb dieser Szenen herrscht Einheit. Heutzutage zieht man sich nunmal unter seinesgleichens zurück. Die Große Einheit in der säkulären Welt ist verloren gegangen; es gibt zB keine Klassengemeinschaft mehr sondern die Klasse in der Schule sind in viele kleine Grüppchen unterteilt. Es gibt auch leute, denen nicht bewusst ist einer Gruppe anzugehören. Zum Beipsiel der Gruppe der "seriösen Leute", die Gruppe der "nicht dazugehören woller" usw.
Der Konflikt ist nun zwischen diesen Gruppen. Es ist nun seit der Reformation so, das verschiedene Gruppen, das evangelische Christentum dominieren. Zum Beispiel die Anständigen, die Bürgerlichen, die hart arbeitenden Mittelständischen. Jetzt ist die Frage, ob diese Dominanz einer Kultur gerechtfertigt ist. Für viele hat sich das so eingebürgert, das sie die Vorstellung einer bestimmten Kultur mit den Geboten Gottes verwechseln, weil die Kultur die längere Tradition hat. Das gabs schon in der ersten Gemeinde, damals waren das die Juden. Die Folge: Gemeinde verstößt die Leute, die nicht dieser Gruppe angehören; die Anweisungen Gottes werden dadurch das sie mißbraucht werden, beschmutzt. Das ist natürlich Anmassung und Arroganz. Das Christentum soll aus mehreren gleichrangigen Gruppen bestehen, eine Multikultur.

Man muss das Ganze aus dem biblischen Weltbild betrachen, das aus 3 Punkten besteht:

SCHÖPFUNG- Gott als der Schöpfer der Welt mit allem was dazu gehört; Gott hat JEDE Kultur explizit gewollt und geschaffen. Jede Kultur ist kompatibel mit dem Evangelium. Das Evangelium muss in jeder Kultur (1. Kor. 9 Vers 21 +22)
SÜNDENFALL- Jede Kultur ist der Nichtigkeit verfallen. Jede Kultur hat verschiedenste Pukte, die Gott an sich gewollt hat, zu weit getrieben und hat sie pervertiert. Das Evangelium passt in keine Kultur. In jeder Kultur wird es provozieren, wird die Kultur herausfordern, konfrontieren: Eph 5:10-11)
ERLÖSUNG- Gott möchte jede Kultur erretten. Jede Kultur soll so werden, wie Gott sie ursprünglich gedacht hat. Die Schieflagen, Sünden und Fehler jeder Kultur sollen ausgeglichen werden durch Menschen die gleichzeitig in der weltlichen Kultur bleiben (1. Kor. 7:20) aber auch nicht völlig heimisch dort sind (1. Petr. 2:11). Ein Christ, der Punk war, soll zum Beispiel weiterhin Punk bleiben, aber zB diejenigen Sachen weglassen, die er nun als falsch erkannt hat. In der Gemeinde soll seine Identität in der Welt eine zweitrangige Rolle spielen.
Das Evangelium ist somit in der Lage jede noch so verkehrte Kultur zu transformieren. (das heißt natürlich nicht völlig, es werden nie alle Punks gerettet).

Mit dieser Sache: die Bibel sagt uns welcher Lebensstil der Richtige ist (frei zitiert) kommt es sehr drauf an was du meinst. Natürlich kann uns die Bibel nicht über die oberflächigen Stilfragen aufklären, weil die zu jener Zeit andere waren (Beispiel: Beschneidung, Götzenopferfleisch, welchem alttestamentlichen Stamm man entspringt etc.). Die Bibel kann uns Auskunft über Grundmuster geben, die quasi "zeitlos" sind. Also Arroganz, Überheblichkeit, Exklusivitätsdenken ("wir sind die wenigen Normalen die es noch gibt" obwohl Gott doch der einzigst Normale hier ist!) Unterdrückung, Intoleranz (in Stilfragen! es heißt "ertragt einander!"), Unabhängigkeit von Gott etc.
Die Bibel kann uns wenig Auskunft darüber geben, inwiefern bunte Röcke jetzt besser sind als schwarze Lackschuhe und ob jetzt aquamarinblau göttlicher ist als ultramarinblau. Das ist auch nicht der Weg des neuen Bundes. Im alten Bund hat man dauernd nach den Grenzen gefragt "ist es genug, wenn ich 7 mal vergebe?". Wenn man nach den Grenzen fragt, will man in wirklichkeit wissen, bis wohin man noch "gebunden" ist und ab wann man machen kann was man will. Ich glaube viele denken wirklich so: "Solang ich innerhalb der kulturellen Grenzen bin, dH seriöses auftreten, Bibelwissen, die richtigen nachgeplapperten Antworten, den KiGoDi Aufpasser immer einen Apfel mitbringen, kann ich ansonsten machen was ich will"
Aber das NT will bewusst keine Satzungen. Das NT will einen lebenslangen Prozess des Umdenkens einleiten (Römer 12:1-2). Es geht nicht mehr darum, dauernd irgendwelche Verhaltensweisen zu unterdrücken, sondern darum, neue hervorzubringen.
Es gibt Christen, die zentrieren sich darauf zu gucken, was alles verboten ist. Sie haben das Prinzip: "was nicht in der Bibel erlaubt wird, ist verboten". Deshalb kommen sie darauf: beinahe alles ist verboten. Und weil sie eigentlich noch mitten in den alten Denkmustern drinstecken und sich gar nicht sicher sind, ob sie das Verbotene auch lassen wollen, gehen sie um so unnachgiebieger mit Leuten um ,die das tun, wogegen sie ankämpfen. Das ist auch der einzige Grund, warum sexuelles Fehlverhalten als schlimmer angesehen wird als zwischenmenschliches Fehlverhalten. (ich frage mich zum Beispiel, warum Polemik, Spott und verletzende Worte in Diskussionen keine Sünde sind!!!)
Es geht aber - um mal ne Fußballmetapher zu verwenden- nicht darum, möglichst wenig zu foulen, möglichst viel Abstand zur Seitenauslinie zu kriegen; das würde einen nur verkrampfen. Es geht auch nicht darum, möglichst viel Freiraum zu nutzen, möglichst nahe an die Seitenauslinie zu tribbeln. Es geht darum schöne Pässe zu schießen, den anderen ermöglichen zum Torschuß zu kommen."